Christsein im Alltag (Gedankenanstöße)

Für verschiedene Gesprächsabende mit Referenten oder Gesprächsrunden auf Familienfreizeiten wurden Gedanken und Zitate kopiert an Tischen ausgelegt, um darüber ins Gespräch zu kommen und vertiefende Einsichten für das Christsein im Alltag zu gewinnen.  Hier sind einige Gedankenanstöße zu verschiedenen Themen:

Perspektiven des Glaubens

– in unseren Beziehungen

Mach dir bewusst, dass das Zusammenleben mit anderen auch Schmerzen bringt. So wie die Kiesel im Fließenden Wasser sich ständig reiben und mit der Zeit glatt und glänzend werden, reiben und stoßen sich die Menschen unaufhörlich aneinander, bis sein m Ende gütiger und gerechter geworden sind. Sie meiden einander nicht mehr, sie stellen sich gegenseitig in Frage und überprüfen ihr Handeln. Sie bleiben zusammen, teilen Freude und Leid, mit dem festen Willen, zueinander zu stehen. Da sind auch Menschen, die warten auf die Begegnung mit dir, verlangen dein Zuhören und dein Verstehen, denn in deiner eigenen Art zu denken und zu empfinden, bist du für sie unschätzbar wichtig. Das solltest du wissen und wahrnehmen. Denn Liebe heißt teilen: Dies ist die Wahrheit, die dein Leben verändert und reich macht. Jesu Leben war Teilen. Und deshalb gab er uns Brot und Wein als Zeichen der Zusammengehörigkeit und des Teilens. Für alle Zukunft bat er: Teilt miteinander, was ihr habt, und versucht gemeinsam Antwort zu finden, ertragt euch gegenseitig und denkt gut voneinander, seid herzlich und voll Vertrauen. Und so erfüllt sich für uns alle das leben, das wir lieben und begehren. Christa Weiße

Als Mensch bleibe ich auf andere angewiesen. Um mich selbst zu finden, muss ich mich aber auch unterscheiden, muss ich mich selbst entdecken, muss ich nein sagen lernen. Wenn z.B. Eltern oder Partner mich nicht freigeben, um mein eigenes Leben zu finden, brauche ich andere Erwachsene, die mir helfen. Es ist wichtig, dass wir als eigene Person bejaht, anerkannt und geliebt sind, dass Möglichkeiten und Freiräume da sind, um uns zu entfalten, aber ebenso, dass wir teilnehmen können an den Aufgaben der Gemeinschaft, dass unsere Fähigkeiten gesehen und in Anspruch genommen werden. Damit ich eine eigene, selbständige Person werden und in Freiheit mit anderen verbunden sein kann, muss ich wieder allein sein; zugleich brauche ich den Kontakt mit anderen. Ich muss ausprobieren, wie ich in Gemeinschaft bin, wie andere mich sehen, wie ich darauf reagiere, wie ich meine gaben einbringen kann, wo ich Ergänzung durch andere brauche, wo ich mich behaupten oder zurücknehmen oder Kompromisse eingehen muss. Es ist gut zu wissen, dass Gott uns in diesem Prozess mit seiner bejahenden Liebe begleitet, uns hilft, Mut macht, zu uns steht. Friedhard Gutsche

– in der Partnerschaft und Ehe

Vertrauen ist das Fundament einer Ehe. Das bedeutet zunächst ein Wagnis einzugehen, den Mut zu haben, sich aufeinander einzulassen. Ist das dabei das Fundament tief und breit genug ausgelegt für das, was es tragen soll ? Die Partnerschaft und Ehe muss heute mehr Erfordernissen und höheren Erwartungen standhalten als früher. Gut ist es daher, einen festen Untergrund zu haben, der die Beziehung trägt: die gemeinsame Bindung an Jesus Christus im Hören und Tun des Wortes Gottes.

Die Ehe ist wie ein Haus, das gestaltet und bewohnt werden muss. Das Aufbauen auf dem Vertrauen, das Gestalten und Bewohnen der Ehe geschieht fast ausschließlich durch Sprechen miteinander und gemeinsames Handeln. Beides erfordert Zeit füreinander. Ab und zu verträgt das Haus der Ehe auch einen Ausbau, Umbau oder eine Renovierung. Was ist jetzt dran ?

Kennzeichen einer guten, stabilen Beziehung: Freundschaft – Akzeptanz – gemeinsame Werte – Anziehung. Hans-Georg Filker.

Untreue kennt letztlich keine Gewinner, nur Verlierer.

– im täglichen Familienchaos

Vater und Mutter stehen in einer gemeinsamen Fürsorge und Verantwortung für ihre Kinder. Väter dürfen sich da nicht heraus stehlen.
Das Wichtigste, was wir unseren Kindern schenken können, ist Zeit und Zuwendung.
Das Vorbild von Vater und Mutter drückt sich weniger in Worten und Verhaltensmaßregeln aus, als am Beispiel des eigenen Lebens. Junge Menschen sind äußerst sensibel für Glaubwürdigkeit und Echtheit.
Das tägliche Familienchaos lässt sich leichter bewältigen, wenn wir dabei im Bunde mit Christus stehen. Er hilft uns, zu unserem Versagen zu stehen. Er hilft uns, zu unserem Versagen zu stehen, Vergebung zu erbitten – und Vergebung zu gewähren. Den nirgends sonst ist die Frage von Schuld und Vergebung so brennend aktuell wie in der eigenen Familie, wo wir tagaus, tagein auf engstem Raum zusammenleben. Klaus-Jürgen Diehl

Das Leben der Eltern ist das Buch, in dem die Kinder lesen. Augustinus

Wo klare Grenzen da sind, die die Eltern, nicht das Kind, bestimmen und durchsetzen, entsteht Stabilität, Sicherheit, Geborgenheit und Liebe. Reinhard Dobat

– in der Erziehung

Wer will, dass sein Kind eine eigenständige Persönlichkeit werde, der lasse es spielen, der stifte es dazu an, der schaffe Spielraum. Besser ein paar Schrammen an unseren Möbeln als Schrammen an der Kinderseele… Ohne Entfaltungsmöglichkeiten wachsen weder Eigenständigkeit noch Selbstvertrauen. Dies wurzelt in der Zuversicht: Hier zu Hause mögen sie mich, auch wenn ich etwas falsch mache. Gerd Schimansky

Wenn Eltern selbst beten, erkennt das Kind daraus, dass die scheinbar allmächtigen Eltern selbst eine höhere und mächtigere Autorität anerkennen.

Niemand soll zum Glauben gezwungen, sondern von Gott freiwillig gezogen werden durch das Evangelium. Denn es ist nicht euer Werk, und es steht nicht in eurer Macht, dass jemand gläubig wird, sondern Gottes allein. Wo nun Kinder das Evangelium nicht annehmen wollen, soll man sie deshalb nicht vernachlässigen oder verstoßen, sondern sie pflegen und versorgen, als wären sie die allerbesten Christen, und ihren Glauben Gott befehlen, bis dass Gott durch uns mit seiner Gnade bekehre, welche er bekehren will. Martin Luther

Meine Eltern – das war der Himmel. Ich wusste (und zwar recht früh, dessen bin ich sicher), dass sich in ihnen ein anderes Wesen meiner annahm, mich ansprach. Dieses Andere nannte ich nicht Gott – über Gott haben meine Eltern mit mir erst später gesprochen. Ich gab ihm überhaupt keinen Namen. Es war da, und das war mehr. Ja, hinter meinen Eltern stand jemand, und Papa und Mama waren nur beauftragt, mir dieses Geschenk aus erster Hand weiterzugehen. Es war der Anfang meines Glaubens und erklärt meiner Ansicht nach, warum ich niemals einen metaphysischen Zweifel gekannt habe. Jacques Lusseyran

– in der Hektik unseres Alltags

Anti-Stress-Strategien:
Einfältig werden: eine Sache mit ganzem Herzen tun – und anderes dafür lassen.
Inseln der Stille im Meer des Lärms ansteuern.
Den schöpfungsgemäßen Rhythmus der Zeiten respektieren: Tag und Nacht, Arbeit und Ruhe.
Klaus-Jürgen Diehl

Der Mensch bezieht seinen Wert und seine Würde nicht von dem her, was er leistet oder sich leisten kann. Dass Gott ihn ohne jede Vorleistung für wert erachtet und ihm gnädig ist: Das macht seinen einmaligen Wert aus. Wollen wir unser Leben auf Gnade gründen oder auf Leistung? Gott sei Dank muss ich weder mir noch andern durch mein Tun beweisen, dass ich ein wertvoller Mensch bin. Klaus-Jürgen Diehl

– in der Krise

Was ist der Unterschied zwischen ‘Konflikt’, ‘Krise’ und ‘Katastrophe’ ? Die Verwechslung dieser drei Lebenserfahrungen und macht vieles unnötig kompliziert und belastend. Krisen sind keine Katastrophen. Sie sind Herausforderungen, eine Chance zur Veränderung und zur Reifung ! Es ‘kriselt’ – das heißt: Ich (!) stehe auf dem Prüfstand. Nicht irgendetwas, ich selbst bin gefragt, ich selbst stehe zur Disposition. Das ist schmerzhaft, aber auch voller Verheißungen. Wo Krisen angenommen und gestaltet werden, wächst die Fähigkeit, sich neuem Vertrauen zu öffnen, die eigene Lebensspur zu entdecken und zu bejahen, Gott, den Schöpfer als tragenden Grund unseres Lebens zu erfahren. Friedhard Gutsche

Wer die Krise annimmt und gestaltet, wird gelassen. Gelassen ist, wer sich selbst „gelassen” hat. Verlassen ist, wer sich nicht „verlassen” kann. Gerhard Ruhbach

Selbst in der tiefsten aller Krisen
bis Du Gott uns Menschen nah.
Selbst am Ende unserer Tage
scheint Dein Licht uns hell und klar.
Selbst im Tod schenkst Du uns Leben,
schenkst uns Hoffnung, sprengst die Zeit.
Drum kannst Du uns aufstehn helfen
aus den Krisen unserer Zeit.

Clemens Bittlinger

– in schwierigen Lebensübergängen

Volljährig wird man automatisch – Erwachsenwerden geht nicht von selbst. Lebensabschnitte und -übergänge haben immer mit Abschiednehmen und Aufbrechen zu tun, mit Loslassen und Neues wagen, mit Verarbeiten des Bisherigen und Einstimmen auf die nächste Phase, mit Trauerarbeit und Reisevorbereitung. Friedhard Gutsche

Viele werden nur deshalb nicht achtzig, weil sie zulange versucht haben, vierzig zu bleiben H. Welz

Es ist die Anfrage an jeden Menschen, ob er es wohl gelernt hat, in derjenigen Zeit zu leben und ganz gegenwärtig zu sein, die ihm augenblicklich gegeben ist. Die Erfahrung zeigt: Wir verhalten uns weitgehend anders. Wir verschieben die Zeiten. Reinhard Strunk

„Alles hat seine Zeit!” – aber Gott verspricht: „Ich bin mit Dir auf allen Deinen Wegen. Deine Zeit steht in meinen Händen !”

– in Erfahrungen des Scheiterns

„Du musst erfolgreich sein! Du darfst keine Schwäche zeigen, du musst stark sein, ganz gleich auf wessen Kosten !” Die Erfahrung des Scheiterns und Versagens ist eine menschliche Grunderfahrung, sie bliebt niemandem erspart. Das Scheitern in der Liebe, in der Erziehung, im Miteinander von Eltern und Kindern, im Beruf sind besonders tiefgreifende und schmerzliche Erfahrungen. Das Scheitern kann uns zur Selbsterkenntnis helfen, aber vieles steht dem im Wege:

  • Unser Bild von uns selbst erlaubt uns nicht, dass wir uns ernsthaftes Versagen eingestehen.
  • Das Bild, das die anderen von uns haben, möchten wir gern aufrecht erhalten, um nicht als Versager dazustehen.
  • Die Enttäuschungen der Vergangenheit möchten wir möglichst vermeiden. Also weichen wir dem Risiko aus; wir wagen nichts mehr, um nicht von neuem zu scheitern.
  • Überhaupt: Wir haben Angst, im Scheitern den Boden unter den Füßen zu verlieren; denn wer hält das schon aus ?
  • Deshalb ignorieren wir das Scheitern; wir nehmen es gar nicht mehr als Scheitern wahr; wir färben es schön.
  • Deshalb meiden wir Gescheiterte und solche, die von der Mehrheit dazu gestempelt werden, und halten uns an die „Erfolgreichen”.
  • Wer die Erfahrung des Scheiterns verdrängt, sucht deshalb die Ursachen bei den anderen, macht sie für das Misslingen verantwortlich.

Friedhard Gutsche

„Im Anfang meiner Tätigkeit habe ich mich nicht getraut, mit meinen Kollegen über mein Versagen zu sprechen. So wie sie über ihren Unterricht redeten, hatte ich immer das Gefühl: Die schaffen das, denen gelingt alles, du bist ein Versager. Inzwischen habe ich begriffen, dass das Scheitern zu meinem Leben dazugehört. Dass ich scheitere, ist nicht schlimm, wichtig ist, wie ich mein Scheitern annehme und verarbeite. Heute erfahre ich, dass es ein Stück gelebten Glaubens ist, wenn die Kinder mitbekommen, wie ich mit meinem Scheitern umgehe. Dadurch ist mein Verhältnis zu den Jugendlichen viel enger und offener geworden.” Hans Bernhard Kaufmann

„Wir verkündigen den gekreuzigten – den gescheiterten – Christus”, schreibt Paulus. Es ist eine große Befreiung, wenn wir glauben und erkennen, dass Gott uns in dem gekreuzigten Jesus von Nazareth als Gescheiterte liebt und annimmt. Ich habe erfahren, dass ich dann frei werde von all den Zwängen, die mich zum Erfolg verurteilen, dass ich dann frei geworden bin für die Liebe – auch im Alltag. Damit ändert sich der Maßstab: Die Solidarität im Scheitern und mit den Gescheiterten ist Prüfstein unserer Menschlichkeit und unseres Glaubens. Wer aus dem Scheitern lernt und dadurch zur Selbsterkenntnis vor Gott kommt, wird vor allem neue Lebenszuversicht gewinnen. Seine Einstellung zum Leben und zum anderen Menschen verändert.  Friedhard Gutsche

– im Feiern des Lebens

Seinem innersten Wesen nach ist der Mensch ein Geschöpf, das nicht nur arbeitet und denkt, sondern das auch singt, tanzt, betet, Geschichten erzählt und feiert. Wo aus einer Kultur die Festlichkeit verschwindet, ist etwas allgemein Menschliches in Gefahr. Harvey Cox

Jeder Mensch hungert nach Glück und Freude. Aber es gibt in unserer Welt nicht viel zu lachen. Lachen kann man nur in Freiheit. Aber diese Freiheit ist selten geworden. Wir müssen unterscheiden lernen zwischen den entfremdeten Formen eines nur scheinbaren Glücks und den befreienden Formen der Freude. Man kann leicht durch Unterhaltung, Ablenkung und Amüsement um das gefährliche, aber wahre Glück der Freiheit betrogen werden. J. Moltmann

Gott ist der große Freund und Liebhaber des Lebens. Im Genießen und Feiern rühmen wir die Gabe des Lebens. Darum ist jedes frohe und frohmachende Fest eine Liebeserklärung und ein Dankeschön an den Schöpfer dieser Welt. Wolfgang Vorländer